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Referentenentwurf der zweiten Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten

Psychotherapiereform Stellungnahme

Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) und der Fakultätentag Psychologie (FTPs) nehmen wie folgt Stellung zu dem am 21.05.2024 vorgelegten Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit für eine Änderung der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten:

 

Die bisherigen Erfahrungen mit der anwendungsorientierten Parcoursprüfung (aoPP) nach PsychThG, §10, Absatz 4, Nummer 2 zeigen, dass diese nicht auf Dauer in der Form und dem Umfang flächendeckend und rechtssicher umsetzbar ist wie es durch die geltende Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (PsychThApprO) vorgeschrieben wird. Auf diese Schwierigkeiten haben wir als Teil der Arbeitsgruppe „Anwendungsorientierte Parcoursprüfung (AoPP)“ zusammen mit Vertreter:innen des Institutes für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfragen (IMPP), der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) und der Landesprüfungsämter (LPÄ) in den zurückliegenden Monaten mehrfach und eindringlich hingewiesen.

Vor diesem Hintergrund begrüßen DGPs und FTPs ausdrücklich und in Abstimmung mit der Arbeitsgruppe „AoPP“, dass der Gesetzgeber mit dem vorgelegten Änderungsvorschlag zur PsychThApprO dieses Problem aufgreift. Insbesondere begrüßen wir, dass die Prüfung der fünf Kompetenzbereiche nun in zwei Stationen erfolgen soll. Dies reduziert die Prüfungsdauer pro Prüfling, wobei der Fokus auf die Kompetenzbereiche erhalten bleibt. Gleichzeitig führt dies zu einer Verringerung der Prüferstunden, des Zeitaufwands für Simulationspersonen und der benötigten Raumkapazitäten. Das vorgeschlagene Format erscheint somit grundsätzlich für einen Übergangszeitraum geeignet und umsetzbar.

Wir möchten auf folgende Aspekte hinweisen, die eine weitere organisatorische Vereinfachung und Ressourceneinsparung ermöglichen würden:

  1. In der gemeinsamen Arbeitsgruppe „AoPP“ waren sich die Vertreter:innen aller an der Prüfung beteiligten Institutionen einig, dass bei einer Reduktion auf 2 Stationen und einer vorgeschalteten Vorbereitungszeit eine Stationsdauer von 25 Minuten ausreichend ist (nicht 30 Minuten wie im Referentenentwurf vorgeschlagen). Dadurch ließen sich die Gesamtprüfungszeit pro Prüfling auf 1 Stunde reduzieren und weitere Kosten einsparen, ohne dass aus Sicht der Fachpersonen Qualitätseinbußen erwartet werden. Deshalb plädieren wir für eine Prüfungszeit der aoPP von insgesamt 60 Minuten inkl. Wechselzeiten, um die Durchführung zu vereinfachen und die Aufgabe ressourcenschonend zu bewältigen. Dies entspricht bei insgesamt fünf Kompetenzbereichen pro Kompetenzbereich einem Umfang von 10 Minuten; für den Kompetenzbereich der therapeutischen Beziehungsgestaltung werden 2 x 5 Minuten angesetzt, also insgesamt ebenfalls 10 Minuten.
  2. Da sich die Anzahl der Stationen und damit die Gesamtprüfungszeit deutlich reduziert, sind neben den vorgesehenen Wechselzeiten keine zusätzlichen Pausenzeiten für die zu prüfenden Personen erforderlich. Wir schlagen daher vor, die Vorgabe von angemessenen Pausenzeiten aus § 51 (4) zu streichen. Gleichwohl wird die Prüfungsorganisation vor Ort angemessene Pausenzeiten für Schauspielpersonen und Prüfende berücksichtigen müssen, die mehrfach hintereinander dieselbe Situation spielen bzw. bewerten müssen. Dazu ist aber eine Regelung in der Verordnung nicht erforderlich.
  3. Die Einführung in die Modalitäten der Parcoursprüfung muss nicht zwingend durch die:den Vorsitzende:n persönlich erfolgen. Sie/ er kann diese Aufgabe auch delegieren, was die parallele und teilversetzte Durchführung von mehreren gleichartigen Parcours ermöglicht und somit die Anzahl der erforderlichen Parcours reduzieren hilft. Wir schlagen daher für §51 (5) folgende ergänzende Formulierung vor: „(5) Vor Beginn der anwendungsorientierten Parcoursprüfung weist die oder der Vorsitzende der anwendungsorientierten Parcoursprüfung oder eine von ihr/ ihm beauftragte Person die Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten in einem Raum, der nicht einer der Stationen zugeteilt ist, in die Modalitäten der anwendungsorientierten Parcoursprüfung ein.“
  4. Der strukturierte Bewertungsbogen nach §49 (2) sollte keine Checkliste i.S. erschöpfend und zwingend erwarteter Verhaltensmerkmale der zu prüfenden Personen vorgeben. Das erscheint für eine simulierte psychotherapeutische Situation nicht angemessen. Wir schlagen daher vor, den Begriff „Checkliste“ durch den Begriff „Bewertungsschema“ zu ersetzen.

Wir möchten ebenfalls in Abstimmung mit den Vertreter:innen der Arbeitsgruppe „AoPP“ deutlich machen, dass das jetzt vorgeschlagene Format weiterhin nur ein Übergangsformat sein kann. Zwar erleichtert eine Reduktion der Stationenzahl den Gesundheitsbehörden die Prüfungsdurchführung vor Ort, aber der Aufwand für die Rekrutierung, Schulung und Anleitung von Simulationspersonen vor Ort bleibt erheblich und ist langfristig für die jährlich erwartete Zahl von Prüfungen (2.500-3.000) nicht umsetzbar. Auch stellt sich bei Beibehaltung des Formats mit Simulationspersonen weiterhin das Problem, dass Kompetenzen im Bereich der Klinischen Kinder- und Jugendpsychologie und -psychotherapie nicht angemessen geprüft werden können. Der ergänzende Satz „Mindestens 20 von Hundert aller Prüfungsaufgaben eines Prüfungssemesters müssen sich auf Kinder und Jugendliche beziehen“ in §49 Absatz 1 erkennt dieses Problem an, verschärft jedoch weiter das organisatorische Problem der Umsetzung, da Kinder und Jugendliche aus rechtlichen und ethischen Gründen nicht als Simulationspersonen eingesetzt werden können.

DGPs und FTPs möchten ergänzend noch auf Inkonsistenzen in der Begründung und Erläuterung des Entwurfs hinweisen.

  1. Kosten und Aufwand zur Durchführung der psychotherapeutischen Prüfungen werden in den Kommentaren substantiell unterschätzt: So muss der Stundensatz für Prüfer:innen höher angesetzt werden und den Honorarausfall für vergleichbare Tätigkeiten abbilden, da sonst langfristig nicht genug Prüfer:innen gewonnen werden können (aktuelle Vergütung bei klinischer Tätigkeit: ca. 120 EUR/ 50 Min.). Die eingeplante Zeit für die Schulung der Simulationspersonen muss für jede Rolle neu angesetzt werden, anstatt wie hier angenommen von einmaligen Schulungen auszugehen. Die Anzahl der benötigten Räume ist zu gering angesetzt, da weitere Aufenthaltsbereiche für die Vor- und Nachbereitung benötigt werden, insbesondere wenn mehrere Parcours gleichzeitig oder versetzt durchgeführt werden. Die Personalkosten für die Aufsichtspersonen der Prüfungen sind zu gering angesetzt, da verantwortliche Tätigkeiten wie Identitätsprüfungen und die Koordinierung paralleler Abläufe zur Sicherung der Geheimhaltung nicht von Hilfskräften durchgeführt werden können. Daraus ergibt sich zum einen, dass das Einsparpotenzial noch deutlich höher ist als gedacht. Zum anderen ergibt sich daraus, dass auch das neue Format bei realistischer Kalkulation weiterhin zu hohe organisatorische, personelle und räumliche Kapazitäten erfordert.
  2. Die Erläuterungen und Kommentare zum Änderungsentwurf der PsychThApprO suggerieren eine Verantwortlichkeit der Landesbehörden und Universitäten, die PsychThG und PsychThApprO so nicht vorsehen: Wenngleich an einzelnen Standorten gute Lösungen zwischen Universitäten und Landesbehörden gefunden wurden, liegt laut Gesetz die Gesamtverantwortung für die Durchführung der Prüfungen zurecht bei den Landesbehörden, und es bedarf individueller Absprachen zwischen Universitätsleitung und Landesbehörden. Im aktuellen Entwurf wird bspw. mit Blick auf die Organisation der Räume mehrfach explizit auf die Universitäten bzw. Fakultäten verwiesen, während in PsychThG und PsychThApprO die Landesbehörde als für die psychotherapeutische Prüfung zuständige Stelle genannt wird (vgl. §10 PsychG und §19 PsychThApprO). Wir bitten, in Kommentaren zu den Regelungen zur Organisation der Staatsprüfung die Hauptverantwortung der Landesbehörden zu berücksichtigen.

Zusammenfassend stellt dieser Reformvorschlag somit einerseits einen zwingend und dringend notwendigen Schritt dar, um die Durchführbarkeit und Rechtssicherheit der aoPP herzustellen. Durch einige der oben beschriebenen Nachbesserungen könnten zudem die Organisation und der Aufwand weiter verringert werden, ohne dass Qualitätseinbußen befürchtet werden müssten. Langfristig wird es jedoch zwingend notwendig sein, auch zur Prüfung des Kindes- und Jugendbereichs nochmals eine Formatänderung vorzunehmen, für die möglichst umgehend Vorbereitungsarbeiten in Angriff genommen werden sollten.

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