Sehr geehrte Damen und Herren, [Gesundheitsministerien, Wissenschaftsministerien, KMK, HRK]
aktuell kursiert in den Gesundheitsministerien der Länder ein Entwurf zur Revision des Staatsvertrags zur Abhaltung der staatlichen Prüfungen in Gesundheitsberufen durch das IMPP, der zu einem überzogenen Eingriff in die Freiheit von Lehre und Wissenschaft führt. Trotz dieser erheblichen Einwirkung auf das Studium findet das Verfahren zur Änderung des Staatsvertrags offensichtlich ohne Einbindung der Fakultäten und der Wissenschaftsministerien statt.
Wir sehen mit großer Sorge, dass mit dem IMPP eine Institution außerhalb der ausbildenden Hochschulen uneingeschränkte Gestaltungshoheit für sämtliche Staatsexamensprüfungen eines Universitätsstudiums (z.B. Prüfungsaufgaben, Themenkataloge) erhält, und damit die ausbildenden Universitäten in massive Abhängigkeit von Einzelpersonen bringt, die vom IMPP ohne Einvernehmen mit den Fakultäten ausgewählt wurden. Dies führt zu einer Trennung von universitärer Lehre, Wissenschaft und Innovation auf der einen Seite, sowie Prüfungsgestaltung auf der anderen Seite. Dies, verknüpft mit immer detaillierteren Vorgaben in den Approbationsordnungen (der Masterplan Medizinstudium 2020 sieht zum Beispiel zukünftig vier Prüfzeitpunkte für das Staatsexamen jeweils mit Steuerung durch das IMPP über den Studienverlauf hinweg sowie eine enge Interaktion zwischen Gegenstandskatalog und Lernzielkatalog vor), birgt die Gefahr der Fremdsteuerung der universitären Lehre über die Prüfungsgestaltung und letztlich der Behinderung wissenschaftlicher Innovationen. Neben einer klaren Begrenzung des Auftrags des IMPP auf die Unterstützung der Länder bei der Durchführung von Staatsexamina fordern wir daher eine stärkere und verbindlichere Einbindung der Fakultäten als Verantwortliche für das Studium in die Gremien und Entscheidungsfindung sowie eine kollegiale Leitungsstruktur innerhalb des IMPP. Aus den vorgenannten Gründen sehen wir es zudem als zentral an, dass die Mitglieder der Sachverständigen-Kommissionen nicht nur im Benehmen, sondern im Einvernehmen mit dem jeweiligen Beirat ausgewählt werden und in diesem die Fakultäten mehrheitlich vertreten sind.
Wir möchten Sie bitten, dringend darauf hinzuwirken, dass in dem o.g. Entwurf folgende Änderungen vorgenommen werden:
- Artikel 2 (1) Streichung oder Konkretisierung, welche Vorgaben gemeint sind (z.B. Blueprints) bzgl. Ziffer 2.
- Artikel 2 (1) Einfügung von „Unterstützung bei der“ vor dem Wort „Durchführung“.
- Artikel 3 Ziffer 1 die Formulierung des bestehenden Staatsvertrages zu übernehmen und zu ergänzen: „bei den schriftlichen Prüfungen nach den Approbationsordnungen für Ärzte, Zahnärzte und Zahnärztinnen sowie Apotheker und bei den Parcoursprüfungen der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vom 4. März 2020 (BGBl. I S. 448)die vom Institut erstellten Prüfungen mit den dazugehörigen Bewertungsvorgaben sowie die standardisierten Prüfungsunterlagen anerkennen und ausschließlich diese verwenden.
- Artikel 5 (1) zu ändern auf eine paritätische Besetzung mit den für die Wissenschaft zuständigen Ministerien als Mitglieder im Verwaltungsrat.
- Artikel 8 (1) Satz 4 zu ändern Einvernehmen statt Benehmen: 4Die Mitglieder der Sachverständigen-Kommissionen werden vom Institut grundsätzlich aus diesen Vorschlägen und im Einvernehmen mit je einem für die Bereiche Humanmedizin, Pharmazie und Zahnmedizin sowie Psychotherapie beim Institut zu bildenden Beirat berufen; die Mitglieder der Beiräte werden ebenfalls vom Institut berufen.
- Ferner ist darauf hinzuwirken, dass der Verwaltungsrat des IMPP gemäß Artikel 8 (3) in den Richtlinien des IMPP festlegt, dass in den Beiräten die Fakultäten die Mehrheit der Mitglieder stellen
Begründung
- Artikel 2 (1) Ziffer 2 „Erstellung und fortlaufende Bearbeitung der Vorgaben zur Zusammenstellung der in Nummer 1 genannten Prüfungen“ ist so allgemein bzw. vage formuliert, dass er auch die Erstellung von Prüfung abweichend von den in den Approbationsordnungen festgelegten Gegenständen ermöglicht. Ziffer 2 sollte daher gestrichen oder zumindest konkretisiert werden, worauf sich diese Vorgaben beziehen (z.B. auf sogenannte blueprints).
- Artikel 2 (1) Ziffer 4 Das IMPP sollte, nicht zuletzt auch aus Praktikabilitätsgründen, nicht sämtliche Schulungen von Prüfenden oder Schauspielpatienten selber durchführen, sondern allenfalls unterstützen. Das wäre bundesweit logistisch nicht zu leisten und Nachschulungen, insbesondere im kurzfristigen Vertretungsfall, wären nicht möglich.
- Artikel 3 Ziffer 1: eine Präzisierung der Prüfungsformen, für die das IMPP Prüfungen, Bewertungsvorgaben sowie standardisierte Prüfungsunterlagen erstellt, ist erforderlich, da ansonsten der Aufgabenbereich des IMPP auf alle Prüfungsformen ausgeweitet würde.
- Artikel 8 (1) Satz 4 Um die Gefahr der Fremdsteuerung der universitären Lehre über die Prüfungsgestaltung und der Behinderung wissenschaftlicher Innovationen zu vermeiden, sehen wir es als zentral an, dass nicht nur ein Benehmen, sondern ein Einvernehmen mit dem jeweiligen Beirat hergestellt wird und in diesem die Fakultäten mehrheitlich vertreten sind. Da die Approbationsordnungen, insbesondere in der Medizin, spätestens mit den vorgesehenen Maßnahmen des Masterplans Medizinstudium 2020 ein bedenkliches Ausmaß an mittelbarem Einfluss des IMPP auf die Inhalte des Studiums über den ganzen Studienverlauf hinweg haben, ist eine Besetzung von Gremien ohne Einvernehmen mit den für die Ausbildung verantwortlichen Fakultäten nicht mehr zu rechtfertigen.
Aufgrund der beschriebenen Rückwirkungen der Prüfungsgestaltung auf die universitäre Lehre sehen wir es auch als geboten an, dass bei Änderungen des Staatsvertrags zum IMPP die Gesundheitsministerien sich mit den Wissenschaftsministerien abstimmen und auch die Fakultäten rechtzeitig einbezogen werden.
Prof. Dr. Conny Antoni | Prof. Dr. Bernd Clement | Dr. Frank Wissing |