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DGPs-Stellungnahme zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Studienplatzvergabe:

Stellungnahme

Appell zur Gründung einer zentralen Einrichtung für studiengangspezifische Eignungstests

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden (1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14), dass bundes- und landesgesetzliche Vorschriften über die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, da sie den Anspruch auf gleiche Teilhabe am staatlichen Studienangebot verletzen. Konkret wird festgestellt, dass Hochschulen neben der Abiturnote mindestens ein ergänzendes, nicht schulnotenbasiertes Auswahlkriterium zur Bestimmung der Eignung heranziehen müssen. Darüber hinaus wird angemahnt, dass die Auswahl auf standardisierte und strukturierte Weise erfolgen muss. Weitere nicht grundgesetzkonforme Aspekte betreffen Ortspräferenzen- sowie Wartezeit-Regelungen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Urteil auch für andere zulassungsbeschränkte Studiengänge entsprechende Neuregelungen nach sich ziehen wird.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs) stellt fest, dass das Urteil mit dem wissenschaftlichen Kenntnisstand zur Güte von Auswahlkriterien und -verfahren übereinstimmt. Schulabschlussnoten sind ein ökonomisches und vorhersagekräftiges Instrument zur Bestimmung von Studieneignung, so dass grundsätzlich nichts gegen deren Heranziehen spricht. Allerdings haben Schulnoten bekannte Nachteile, die zu Ungerechtigkeiten führen, wenn sie nicht durch andere Kriterien ergänzt werden. Bekannt ist beispielsweise, dass Noten aus verschiedenen Bundesländern nicht in gleicher Weise erworbene Kompetenzen abbilden. Um die studiengangspezifische Eignung festzustellen, sind daher standardisierte Verfahren nötig, die über die durch Abiturnoten erfasste grundlegende Leistungsfähigkeit hinaus spezifische, fachbezogene Eignungen diagnostizieren. Unter den denkbaren ergänzenden Methoden zur Verbesserung der Vergabepraxis sind aus wissenschaftlichen und pragmatischen Gründen studiengangspezifische Eignungstests zu empfehlen, da sie die Nachteile von Schulnoten nicht aufweisen und erwiesenermaßen über Abiturnoten hinaus den Studienerfolg vorhersagen. Die ausstehende Reform der Vergabepraxis kann nur dann überzeugend sein, wenn das Bewerbungsverfahren transparent ist, die verwendeten Kriterien fair und leistungsbezogen sind und die Effekte der Neuregelung überprüft und ggf. reguliert werden. Die einzelnen Hochschulen und auch Bundesländer benötigen für eine wirkungsvolle und sachgerechte Reform der Studienplatzvergaben Unterstützung.

Die DGPs als Vereinigung der in Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen unterstützt nachdrücklich Reformen der Studienplatzvergabe, die im Einklang mit diesen Feststellungen stehen. Die DGPs spricht sich für die Gründung einer zentralen wissenschaftlichen Einrichtung aus, die hochwertige standardisierte und strukturierte Leistungsprüfungen für die Zulassungen an staatlichen Hochschulen entwickelt und hilft, die Qualität der Studienplatzvergabe zu verbessern. Die DGPs bietet im Rahmen einer solchen Gründung dem Bund und den Ländern ihre Mitarbeit an.

Kontakt bei Rückfragen:

Prof. Dr. Conny Herbert Antoni
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
Arbeits- Betriebs- und Organisationspsychologie
Universität Trier
54286 Trier
Tel.: 0651 201 2030
E-Mail: antoni@uni-trier.de


Prof. Dr. Birgit Spinath
Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
Pädagogische Psychologie
Psychologisches Institut - Universität Heidelberg
Hauptstraße 47-51
69117 Heidelberg
Tel.: 06221 547355
E-Mail: Birgit.Spinath@psychologie.uni-heidelberg.de
 


Die Stellungnahme steht auch als pdf zur Verfügung:

DGPs_Stellungnahme_bverfg_Studienplatzvergabe_20180215.pdf